Wir fordern: Talentfoerderung und Selbstentfaltung statt Wissensfabrik!
Da sind wir uns einig: Wir brauchen eine neue Schule fuer eine neue Zeit! Da aber die KI gegenwaertig eine Umgestaltung der Arbeitswelt vornimmt, koennen wir nicht sagen, wohin die Reise geht! ! Lehrer, Eltern und Schueler wissen gar nicht, welchen Job sie in 15 Jahren ausueben werden. Wir wissen nur: Industriezeitalter ADE.
Also brauchen wir in den Schulen einen Paradigmenwechsel. Da stellt sich zuerst die Frage nach einem nachhaltigen Curriculum: Was ist fuer die Zukunft ueberhaupt noch relevant?! Welche Inhalte sollen gelernt werden und wie? Hier ist Handlungsbedarf angesagt.
Wie haben die Kultusministerien darauf reagiert? Haben sie neue Curricula in Arbeit? Haben sie eine Umgestaltung ihrer Prioritaeten vorgenommen? Wir wissen, dass sie mit Technologiekonzernen im “Dialog” stehen – zur Einfuehrung von KI gestuetzter Wissensvermittlung. Aber das Wesentliche haben sie uebersehen:
Eine Konstante, die mit Sicherheit Gegenstand von Unterricht sein wird, sind naemlich die jungen Menschen mit ihren Potenzialen! Sie sollten daher die Protagonisten sein und ihre Selbst- und Potenzialentfaltung sollte zum Hauptanliegen von Schule gemacht werden! – und das zu erwerbende Fachwissen sollte ihnen zugeordnet werden.
Warum sollte das Entdecken von Talenten nur Eliteschulen vorbehalten bleiben*, waehrend fuer die Minderbemittelten weiterhin das Bueffeln auf der Tagesordnung steht!? Dabei wissen wir doch, dass dieser Wettbewerb mit der KI von vornherein verloren ist.
Von der Didaktik zur Mathetik!
Wenn die Lernenden die Protagonisten sind, dann muss die Paedagogik die Seiten wechseln und die “Mathetik” mit ins Boot holen.
In der neuen Lernkultur muss dem “Homo Faber” der “Homo Ludens” zur Seite gestellt werden und wir muessen nicht nur das “WAS” unserer Unterrichtsinhalte, sondern auch das “WIE”, die Methode aendern: Wir lernen von den Asiaten und gestaltet mit der Kaizen-Philosophie der „guten Veränderung” und dem “Lob des Fehlers” die Lernkultur und das Miteinander in Schulen um!
Wir haben es bei der holistischen Paedagogik* also nicht mit einer Methode zu tun, die in das gegebene System implantiert werden kann, sondern es geht ihr um einen Paradigmenwechsel, um eine ganzheitliche Weise, Schule zu denken, sinnorientiert zu lernen und zu handeln.
Nicht nur wollen wir die herkoemmlichen Schulen durch eine lebendige Systemkultur eines ‚Freien Geisteslebens‘ (Steiner) ersetzen, vor allem wollen wir die innere Haltung aller Mitwirkenden unserer Lerngemeinschaften veraendern: Unsere Industriekultur mit ihrem mechanistischen, newtonschen Weltbild hat uns eine deterministische, kausal-lineare und materialistische Denkweise eingeimpft und uns glauben gemacht, es gebe nur eine objektive Wahrheit, also ein Richtig und Falsch, harte Fakten und rationale Beziehungen. Folglich haetten die Akteure unseres Systems Befehle auszufuehren, entsprechende Regeln zu befolgen und bei anderen einzufordern, sich durch Benotungen, Erfolge und Wettbewerb gegeneinander abzugrenzen.
Aber unserer klassischen Industriegesellschaft mit ihrem Einzelkaepfertum ist nicht mehr in der Lage, sich den komplexen Herausforderungen am Arbeitsplatz der Zukunft zu stellen. Wir brauchen vielfaeltig ausgebildete Potenziale und das “Wir” von Teams, die der Komplexitaet der Aufgaben gewachsen sind. Daher muessen wir von der asiatisch inspirierten Haltung lernen und zu einer Konsens orientierten Zusammenarbeit beim Lernen und Kommunizieren hinwachsen.
Bei der Gestaltung einer systemisch-evolutiven Kultur* hilft eine sinnorientierte, holistische Pädagogik, die dem Lernbegleiter wie dem Lernenden dabei unterstuetzt, sich in eine gute Form zu bringen. Denn für sie gilt: Die innere Welt ist die Ursache der äußeren. Der Veraenderungsprozess faengt nicht im Aussen, sondern im Innern an, naemlich bei der Denkweise und der Haltung der Akteure.
Das hat zur Folge, dass Lerner und Lernbegleiter in eine gleichwürdige Beziehung treten, sich als Weggenossen betrachten.
Nicht jeder kann Lernbegleiter werden
Aber wie soll ein Lehrer, der mit seinen eigenen Themen, mit seinen eigenen Problemen nicht im Klaren ist, der den Sinn seines Lehrerberufs nicht kennt und die Freude an der Begegnung mit jungen Menschen verloren hat, speziell jungen Menschen helfen? Der Zeitgeist verlangt von Pädagogen angesichts der Gewohnheit von Eltern und Jugendlichen, sich dem Spiel mit der KI zuzuwenden,
Werteklarheit und Verantwortlichkeit – denn verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. Wird beispielsweise die KI als Selbstzweck, d.h. Wissensvermittler angesehen, dann macht sich Nützlichkeitsdenken und eine entsprechende Haltung breit, die materialistischen Sinn im Leben und im Lernen sucht. Dieser macht die jungen Menschen letztlich zu Egoisten und unglücklich. Ist die KI aber Mittel zum Zweck, die den jungen Menschen zu neuen Erfahrungen in der analogen Welt führt und Werte der Empathie, des Wohlwollens, der Güte pflegen hilft, dann haben die jungen Menschen eher die Aussicht auf eine freie und glückliche Zukunft.
So wäre eine Balance zwischen Wissenserwerb und Selbstentfaltung hergestellt, womit die Gestaltung einer humanen Gesellschaft möglich ist. Die Begegnung am Lernort mit vielen Menschen, die mit ihrem jeweiligen Realitäts- und Selbstverständnis sowie Deutungs- und Handlungsmustern interagieren, stellt eine weitere große Herausforderung an die Haltung des Lehrers dar, nämlich die der Achtsamkeit und Geistesgegenwart in komplexen sozialen Systemen. Gelingt es, diese Haltung im Lehrenden zu veranlagen, dann ist eine hohen Prozesskultur in einem systemischen Organismus der Achtsamkeit auf dem Weg in ein „neues Wir“ möglich.
»Wenn wir, sagtest du, die Menschen nur nehmen, wie sie sind,
so machen wir sie schlechter.
Wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten,
so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.«
~ Johann Wolfgang von Goethe ~
*vgl. Elite-Schule in Oesterreich, https://www.youtube.com/watch?v=P_MG5qXTaNg
*vgl. Netzwerk Holistische Paedagogik: https://www.holistischepaedagogik.de/
*vgl. Malik, eado.app/en/book/systemisches-management-evolution-selbstorganisationfredmund-malik/9783258059938